© St. Seb. Schützenbruderschaft Buir

Die 350-jährige Geschichte der Buirer Schützenbruderschaft reicht nachweislich zurück bis in das Gründungsjahr 1658. Anhand von Unterlagen lässt sich vermuten, dass die Bruderschaft schon weit vorher bestanden hat. Von altem Schrifttum ist leider nicht mehr allzu viel vorhanden. Ein wertvoller Zeuge, der uns über die frühere geschichtliche Entwicklung seit der Gründung hätte Einblick geben können, war ein Protokollbuch aus den Jahren etwa 1600 - 1800. Dieses Protokollbuch wurde am 15.11.1931 der Erzbruderschaft Köln zur Einsichtnahme und Übersetzung überlassen. Leider ist dieses Dokument dort abhanden gekommen und dürfte trotz aller Nachforschungen durch die Kriegsereignisse u.E. für immer verschollen bleiben. Zuverlässige Zeugen der Vergangenheit beweisen jedoch unsere Königsplaketten aus den verschiedensten Jahrhunderten. Die älteste hiervon befindet sich an unserer Präsidentenkette und datiert aus dem Gründungsjahr 1658.

Nachdem der damalige Bürgermeister von Buir, namens von Wallbott-Bornheim, mit Schreiben vom 06. Juli 1843 darauf hinwies, dass die „Statuten nicht mehr passend und zeitgemäß sind“, wurde im gleichen Jahr die uns vorliegende älteste handgeschriebene Satzung aus dem Jahre 1843 neu verfasst. Eine folgende schon aus der Druckerei kommende Satzung aus dem Jahre 1872 beginnt im § 1 mit folgendem Wortlaut:

„Der Schützenverein zu Buir, umfassend die bisherige Schützen- und Brudergesellschaft St. Sebastiani, welche am 19. Mai 1658 gegründet wurde, erneuert heute die Hauptgrundsätze der alten Gesellschaft und stellt es sich zur Aufgabe, durch inniges Zusammenwirken und Zusammenhalten aller Kräfte Frohsinn, Humanität und Wohltätigkeitssinn, sowie gleichzeitig Übung im Büchsenschießen zu fördern und unter allen Ständen eine auf gegenseitige Achtung und Anhänglichkeit beruhende Vereinigung zu befestigen und in ihr die vom Vereine ausgehenden Feste in Fröhlichkeit und Heiterkeit, Belehrung und Veredelung des Gemüths zu feiern.“


An unserer Königsplakette befand sich früher ein silberner Vogel in Form einer Taube mit eingravierter Jahreszahl „1658“. Diese im Luftschutzbunker unter der Kerpener Pfarrkirche deponierte Kette, ging in den letzten Kriegstagen 1945 verloren. Die Kette wurde in Kerpen mit nur noch wenigen Schildern und ohne den wertvollen Vogel wiedergefunden. Auch hier wurde in dem alten Protokollbuch erwähnt, dass der Vogel aus dem eingeschmolzenen Königssilber der Jahre vor 1658 hergestellt wurde.



Den Protokollen der Jahre 1914 - 1918 entnehmen wir, dass sich sehr viele unserer Schützenbrüder an der Front befanden. Aus dem bescheidenen Kassenbestand wurde den „im Felde stehenden Mitgliedern“ jeweils zu Weihnachten anfangs 5 Mark und später 3 Mark zugedacht. Viele Schützenbrüder, vor allen Dingen die im Protokollbuch namentlich aufgeführten jüngeren Mitglieder, fanden in den Jahren des 1. Weltkrieges den Heldentod.

Das Vereinsleben war in vieler Hinsicht eingeschränkt. So wurden anstehende Vorstandswahlen zu dieser Zeit immer wieder um ein Jahr verschoben „in der Hoffnung, dass dann bessere Zeiten eingetreten seien mit einem endgültigen Sieg und dauerndem Frieden.“

Danach begann die Bruderschaft im Jahre 1920 wieder aufzublühen. So fand 1920 das erste Schützenfest nach dem 1. Weltkrieg wieder in Buir statt mit einer besonderen persönlichen Ehrung für alle zurückgekehrten Krieger und Kriegsgefangenen durch den damaligen Bürgermeister Reichert. Wir vernehmen, dass das Ehrenmal 1922 errichtet wurde, wozu die Bruderschaft 1.000,00 Mark als Stiftung zeichnete.

Im Jahre 1923 stand dann die Inflation im Hause. Am 17. Mai 1923 erhielt der Gastwirt Jean Dohmen den Zuschlag für den Ausschank auf dem Schießplatz für 50.000 Mark. Am 17. Februar 1924 betrug der Kassenbestand 2.055.202,20 Mark. Ab 1924 findet zu Schützenfest die Gedenkfeier am Ehrenmal mit anschließender Parade statt. Die Tradition hat sich bis heute erhalten. Unsere alte noch vorhandene Bruderschaftsfahne stammt aus einer Stiftung (700 Mark) und wurde am Schützenfest 1925 eingeweiht.

Das Schützenfest 1925 wurde erstmals versuchsweise, statt an nur einem Tage (Pfingst-Montag) auf beide Pfingsttage ausgedehnt. Der Gastwirt Franz Doerges verpflichtete sich dabei, falls ein Manko entstehen sollte, hierzu einen Zuschuss von 100 Mark zu zahlen.

Infolge großer Wohnungsnot in Buir stellte die Bruderschaft 1925 die Hälfte ihrer Schützenhalle (am Ende des Steinwegs auf dem Gemeindegelände gelegen) zur Unterbringung einer obdachlos gewordenen Buirer Familie zur Verfügung. Von einigen Stiftungen ist die Rede, so z.B. auch am 23.10.1932 die „Ewig-Licht-Lampe“ in unserer Kirche.

Bereits 1933 machten sich dann erste Einflüsse des neuen Staats- und Regierungssystems in den Protokollen bemerkbar. Unterzeichnet 1932 der Versammlungsleiter noch mit „Präsident“, so heißt es 1933 bereits der „Vorsitzende“ und dann hat er ab 1934 als „1. Führer“ die Protokolle zu unterschreiben.




Ab 26.01.1936 musste die Schützenhalle teilweise zur Mitbenutzung an die H.-Jugend abgetreten werden. Den Ernst der Lage, dem die Bruderschaften dem einstigen Regime unterworfen waren, erfahren wir aus dem Protokoll vom 27.04.1936. Demnach wurde die Erzbruderschaft vom hl. Sebastianus für Rheinland und Westfalen am 06.03.1936 von der Kölner Gestapo aufgelöst. Die angeschlossenen Bruderschaften hatten sich bis Jahresende 1936 zu entscheiden, ob sie als reine kirchliche Bruderschaft bestehen bleiben wollten (nur noch kirchliche Betätigung, kein Schützenfest mehr usw.) oder ein Anschluss an das Reichsamt für Leibesübungen mit dem Vorteil der Beibehaltung der Schützenfeste und sonstigen Veranstaltungen in der bisherigen Weise.

Der Vorstand beschloss:

1. Die Schützengesellschaft als reine kirchliche Bruderschaft bestehen zu lassen und empfiehlt

2. den schießlustigen Schützenbrüdern, um die alte Tradition aufrecht zu erhalten, eine neue Schützengesellschaft zu gründen.

Entgegen dem Beschluss des Vorstandes beschloss am 03.05.1936 die Generalversammlung dem Deutschen Schützenbund beizutreten und betonte ausdrücklich, „dass die bisherigen alten Sitten und Gebräuche (Beteiligung an der Fronleichnamsprozession und sonstigen kirchlichen Anlässen) beibehalten werden.

Wie schwer es damals unseren Vorgängern gemacht wurde, zeigt z.B. ein Hinweisschreiben vom 18.10.1936 an die NSDAP, Kreisleitung Bergheim, wonach empfohlen wurde, unseren langjährigen Präsidenten (1936 - 1971) Jean Kraus abzulösen, weil er an der Fronleichnamsprozession (11.06.1936, Tag der Einführung des neuen Ortsgruppenleiters) „seine Schützen den Himmel in Uniform tragen ließ.“

Um eine Abwanderung der Jugend an andere staatlich besonders geförderte Jugendvereinigungen entgegenzuwirken, wurde noch im Jahre 1936 erstmals eine eigene Jungschützengruppe gegründet. Um ihre Position zu stärken, trat die Maigesellschaft mit 30 Mitgliedern geschlossen der Schützenjugend bei.

In den Jahren danach führte die Schützengesellschaft ihre Tätigkeit, soweit es ihr erlaubt war, nach den Regeln der alten Tradition weiter fort, wobei das sportliche Schießen ganz in Vordergrund rücken musste. 1939 fand das letzte Schützenfest vor Beendigung des 2. Weltkrieges statt.

Nach Ende des zweiten Weltkrieges trat der verbliebende Vorstand bereits im Februar 1946 zusammen, um eine erste Bilanz der letzten Jahre zu ziehen. Viele unserer Schützenbrüder waren nicht mehr heimgekehrt. Die historischen Wertgegenstände waren fast alle verloren. Es musste wieder neu begonnen werden. Mit zunehmender Normalisierung der Verhältnisse erfreute man sich nunmehr nach den Jahren der Entbehrung auch hier in Buir wieder zu feiern. Und so fand bereits 1947 das erste Schützenfest der Nachkriegszeit statt. Da die Alliierten den Schießsport zu dieser Zeit noch untersagten, entschloss man sich kurzer Hand den König mit Pfeil und Bogen zu ermitteln. Auf dem Spielplatz der früheren Grundschule in der Eichemstraße wurde Gerhard Steffen „per Armbrust“ der erste Schützenkönig der Nachkriegszeit. Nachdem 1949 wieder Kleinkalibergewehre zugelassen waren, ermittelte dann auch die Jugend erstmals wieder ihren Jungschützenkönig. Da die Jungschützenkette nicht wieder aufgetaucht war, wurde im gleichen Jahr eine neue Kette angeschafft, die von Heinrich Schumacher zuerst getragen wurde.

Seit dieser Zeit erfreuen wir uns, alljährlich unser beliebtes Schützen- und Volksfest in gebührender Weise auf der großen Festwiese im Festzelt mit der gesamten Buirer Dorfbevölkerung als ereignisreiche öffentliche Veranstaltung feiern zu können.

Neben der Beteiligung an den kirchlichen Veranstaltungen pflegt die Bruderschaft im Rahmen der Freizeitgestaltung auch das sportliche Schießen, insbesondere für unsere Jungschützen. Zu diesem Zwecke haben wir uns im Jahre 1971 im Untergeschoss der Grundschule mit einer modernen Luftgewehr-Schießstandanlage mit Aufenthaltsraum eingerichtet.

Bestand die Bruderschaft früher nur aus katholischen männlichen Mitgliedern, wurde sie bereits 1974 mit einer neuen Satzung in eine Vereinigung von Männern und Frauen aller christlichen Konfessionen umgewandelt. Im Jahre 1988 wurde durch eine weitere Satzungsänderung auch den weiblichen Mitgliedern der Weg geöffnet, am Traditionsschießen (Königsschießen) teilnehmen zu können.

Dieser Beitrag zeigt einen kurzen Streifzug aus der Geschichte unserer Bruderschaft, wie sie in ihrer über 350-jährigen Vergangenheit ihre Ziele und Werte im kirchlichen und kulturellen Dorfgeschehen, in guten als auch in schlechten Zeiten, bis zum heutigen Tage erfolgreich verwirklichen konnte.

Unser Kerpener Stadtteil Buir kann inzwischen auf eine urkundliche nachweisbare über 1.000-jährige Geschichte zurückblicken. Möge dies ein Ansporn sein, insbesondere für unsere heranwachsenden Jugend, die Werte und Ideale um die Pflege und Erhaltung des althergebrachten Brauchtums in unserem Sinne fortzuführen und zeitgemäß weiter zu entwickeln.

Unsere Bruderschaft zählt heute fast 200 Mitglieder aus allen Altsklassen und Gesellschaftskreisen. Um unsere Zukunft zu sichern, sind bei uns neue Mitglieder und jüngere interessierte Nachwuchskräfte jederzeit recht herzlich willkommen!

Josef Kraus

(Ehrenbrudermeister)


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